Hallo liebe Freunde von Bahnreisen und Gleisturbine!
Ich darf euch ab sofort mit meiner Schreiberei unterhalten - juchhuu!
Als Ex-SBBlerin und ehemalige «Unterstiftin» von Nadine aka Gleisturbine bin ich getreu nach dem Motto «der Kluge reist im Zuge» unterwegs.
Im ersten Blogbeitrag nehme ich euch jedoch auf keine gewöhnliche Freizeitreise mit. Wie es der Titel schon sagt, spielten sich die folgenden Zugfahrten in den vergangenen Lockdown-Wochen ab. Kurz zum Background der Geschichte: Im letzten Dezember zog ich von Winterthur nach Laax, um Jung und Alt zur Seitwärtsbewegung im Schnee zu animieren. Ich werde es mir verkneifen (nach einer kleinen Huldigung ans Snowboard fahren) hier grösserem Bekehrungseffort nachzugehen. Ich schwöre.
«Snowboard-Huldigung»
Voilà, weiter geht’s. Kurz nach der Hauptsaison Ende Februar machten sich die Restriktionen im Kampf gegen das Coronavirus im Skigebiet restlos bemerkbar und ich hielt nach einem Plan B Ausschau. Und wer hätte es gedacht: Schlussendlich fand ich mich in einer doch sehr bekannten Situation wieder...
Aber von vorne:
Nein, es waren keine frisch-fröhlichen Freizeitreisen, die ich seit Freitag, dem 13. März 2020, unternommen habe. Frisch fröhlich war an besagtem Datum jedoch noch meine Verfassung, bevor sich mit jeder neuen Nachricht des Bundesrats meine Sicht auf die kommenden Tage veränderte. Shutdown im Skigebiet Flims-Laax-Falera. Ein verfrühtes Saisonende. Der Spass war jedoch nicht nur für mich als Snowboardlehrerin vorbei. Auch für viele angereiste Touristen galt von heute auf morgen Spielplatzverbot.

Schon seit Wochen wussten sich die Kids in der Ski- und Snowboardschule über kein anderes Thema mehr zu unterhalten als: «Ich ha mega Schiss vor däm Coronavirus!» Es kam mir äusserst «schräg» vor, dass sogar bei 6-Jährigen Covid-19 im Alltag bereits so präsent war. Die kommenden Veränderungen und Auswirkungen auf unser Leben konnte ich mir damals noch kaum vorstellen. Wir hätten es uns alle anders gewünscht. Doch Mitte März stand er dann also bevor: der verfrühte Exodus ins Unterland.
Die Abreise
Viele Wintersportler packten Sack und Pack, um sich einen Monat früher als geplant auf den Rückweg, raus aus der Surselva, zu machen. Wie das Ganze im öffentlichen Verkehr vonstattenging? Die SBB hat meines Wissens und meiner Erfahrung nach prompt reagiert und liess Züge doppelt führen. So konnte sich die ganze Menschenmasse immerhin auf mehrere Waggons verteilen. Ihr fragt euch sicher: Wie fühlt es sich an, in Zeiten von «social/physical distancing» in einer Konservenbüchse unterwegs zu sein?

Laax - Winterthur, auf dieser Strecke war ich seit Lockdown einige Male unterwegs. Meines Hab und Gutes wegen musste ich wohl oder übel noch ein paar Mal hin und her reisen. Zu Beginn – mit weiteren Wintertouristen im Abteil – war die Stimmung noch weitgehend locker. Doch ich fragte mich schon, wie sinnvoll es jetzt ist, zusammengepfercht im Zug zu sitzen. Die Benützung des öVs war für mich sowie für etliche andere jedoch die einzige Option für die Heimreise. Sobald wir im Raum Zürich eintrafen, war passagier-mässig dann sowieso noch Sodom und Gomorrha los. Wie wir jetzt wissen, dauerte es seine Zeit, bis jeder den Sinn der Restriktionen sah und seinen Beitrag zum Lockdown leistete.
Schweifende Gedanken und das gutbürgerliche Pendlerleben
Aus dem Fenster erst auf den Walen- und später auf den Zürichsee schauend liess ich meine Gedanken schweifen. Die veränderte Stimmung, die mich jeweils am grössten Bahnhof der Schweiz beim Umsteigen empfängt, erstaunt mich jedes Mal aufs Neue. So anders als die kurz zuvor verlassene Bergwelt. Einmal mehr sinnierte ich über die Unterschiede von Gesellschaften, Wohnorten und Gewohnheiten.
Woche für Woche waren weniger Leute in den Zügen anzutreffen und Abstand halten war kein Problem mehr (mit Ausnahme vom Zürcher Stadtverkehr. Dort fühlte man sich weiterhin auf subtile Weise sofort in Gefahr versetzt). Obligate Abneigung gegen Huster und zu wenig Abstand inklusive. Wobei mir dort aber auch erstmals auffiel, wie Menschen lobenswert in ihre Armbeugen niesten. Und langsam gewöhnte auch ich mich an die neuen Vorgaben.
Im IC Zürich HB - Chur wähnte ich mich jeweils in Sicherheit. Sass doch jeder für sich allein in einem Viererabteil ans Fenster gequetscht. Vermutlich noch ein bisschen näher daran gedrückt als sonst schon üblich. Ich musste lachen als mir einfiel, dass dieses Bild keineswegs etwa durch die Coronakrise neu kreiert wurde, sondern sowieso bereits zum Standardverhalten im gutbürgerlichen Schweizer Pendlerleben dazu gehört. Da kommt uns die typische soziale Distanz im öffentlichen Raum doch glatt zu Gute. Glück gehabt!
Bliibed xund und uf bald wieder unbesorgti Zugreise!
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